Irland

Literaturanalyse: Profil von CReLES in Irland

Einführung und Hintergrund

Die irische Regierung hat im Zuge der Auseinandersetzung mit den Themen Mehrsprachigkeit, Multi-Kulturalismus und Multi-Konfessionalität mehrere Initiativen zur Integration von Schüler*innen mit Migrationshintergrund in das irische Schulsystem umgesetzt.
Zu den beiden wichtigsten Maßnahmen zählen die Einrichtung eines für Integration und Entwicklung zuständigen Staatsministers sowie die Umsetzung der Nationalen Aktionspläne für soziale Inklusion (DES, 2011). Diese Schritte mündeten in der Bereitstellung von Unterstützungs-Lehrkräften, welche Schüler*innen, deren Muttersprache nicht Englisch ist, in Immersions-Klassen zu einer Verbesserung ihrer Sprachkenntnisse verhelfen, die innen erlaubt in allen Fächern dem Unterricht zu folgen. Regulären Lehrkräften wurde die berufliche Weiterbildung zur Unterstützung des Lernens von Kindern im Zweitsprachenkontext ermöglicht (DES, 2011; Eurydice, 2004). Laut einem OECD-Bericht (2010) gilt diese Ausbildung in ganz Irland als unverzichtbar und ist weit verbreitet. Es gibt jedoch noch immer lediglich eine minimale Vorbereitung für den Unterricht in einem multikulturellen Schulkontext in der Fortbildung sowie in der Erstausbildung von Lehrkräften. In einigen Lehrerausbildungsinstitutionen werden spezielle Module für Interkulturalität angeboten, die Leitfäden und Unterrichtsmaterialien für interkulturelle Bildung zur Verfügung stellen (Eurydice, 2004).

Kultursensible Schulleitung im irischen Bildungswesen

Es gibt keine politischen oder legislativen Festlegungen, dass Schulleitungen kultursensibel sein müssten. Allerdings beinhaltet das Bildungsgesetz, Teil V, Abschnitt 23, die allgemeine Erwartung, dass Schulleitung Inklusivität und Gerechtigkeit zu gewährleisten hat.

… gemeinsam mit dem Vorstand, den Eltern der Schüler*innen und den Lehrkräften verantwortlich für die Schaffung eines schulischen Umfelds, das das Lernen der Schüler*innen unterstützt und die berufliche Entwicklung der Lehrer*innen fördert.

Gemäß dem Bildungsgesetz von 1998 soll die Schulleitung beratend und delegierend tätig sein. Die Sichtbarkeit der Schulleitung ist in lokalen Gemeinden, ländlichen Gebieten und an Grundschulen höher als in urbanen Gebieten und Sekundarschulen. Fast alle Schulleiter*innen sind irischer Herkunft und verfügen über eine hohe Autonomie in Bezug darauf, wie sie die Bedürfnisse von Schüler*innen mit Migrationshintergrund berücksichtigen (Eurydice, 2004). Darüber hinaus gibt es keine Empfehlungen der Bildungsbehörden zur Organisation interkultureller Aktivitäten. Es liegt im Ermessen der Schulleitung, jene Strategien anzuwenden, die sie im Kontext ihrer Schule für notwendig erachten. Die Qualitätsrahmen der Grund- und weiterführenden Schulen enthalten jedoch Merkmale, die das Engagement für Inklusion, Chancengleichheit und die ganzheitliche Entwicklung als einen der Indikatoren für eine qualitativ hochwertige Führungspraxis fördern. In gewisser Weise wird die Schulleitung dadurch, obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, auf ihre kultursensible Verantwortung aufmerksam gemacht.

Die Verantwortung für Qualitätsinstrumente im Rahmen der Entwicklung von Lehrplänen und summativen Bewertungen obliegt einer staatlichen Behörde, dem National Council for Curriculum and Assessment (NCCA), obwohl die Schulen die formative Bewertung in den Sekundarschulen und die meisten Bewertungen mit Ausnahme der standardisierten Tests in den Grundschulen selbst durchführen. Unter den vierundzwanzig Lernstatements für den Lehrplan der Primarstufe bezieht sich eines auf die kulturelle Sensibilität: der*die Lernende „schätzt und respektiert, wie unterschiedliche Werte, Überzeugungen und Traditionen zu einer Entwicklung von Gemeinschaften und Kultur, in denen er*sie lebt, beigetragen haben“. In ähnlicher Weise steht eines der kritischen Themen der Grundschulausbildung „Pluralismus, Achtung der Vielfalt und die Bedeutung von Toleranz“ im Einklang mit dem sich ändernden Bevölkerungsprofil. Obwohl Schulleitungen und Lehrkräfte keine unmittelbare Rolle bei der Lehrplangestaltung zukommt, liegt die Umsetzung des Lehrplans und somit die Integration kultursensibler Prinzipien in den Unterrichtsalltag zweifellos in ihrer Verantwortung. Es liegt an der Schulleitung, Lehrer*innen professionell zu unterstützen, damit sie dieser Herausforderung gerecht werden können.

Trotz eines wachsenden Problembewusstseins ist kultursensible Schulleitung oder die Leitung multikultureller Schulen nicht in den Aus- und Weiterbildungsprogrammen für Schulleiter*innen verankert. Programme, wie Professional Development for Teachers (PDSL), Joint Management Body (JMB) und Center for School Leadership bieten eine Reihe von Schulungen für neue Schulleitungen, stellvertretende Schulleitungen sowie die mittlere Führungsebene an. Einige dieser Programme umfassen Einheiten zu Werten, Visionen, Gerechtigkeit, aktuellen Bildungsfragen, Leading Learning und Dynamik des Veränderungsmanagements, in denen möglicherweise die Themen multikultureller Klassen, soziale Inklusion und Integration von Schüler*innen mit Migrationshintergrund angesprochen werden.

Neben der Schulleitung und den Lehrkräften stellen Guidance Counsellors, die die kulturellen Werte und Überzeugungen der Schüler*innen verstehen und ihre Vielfalt kanalisieren können, um ihre Lebenschancen zu verbessern, eine weitere wichtige Position an Schulen dar. Gemäß Abschnitt 9 des Bildungsgesetztes von 1998 muss eine Schule ihre verfügbaren Ressourcen nutzen, um

(c) sicherzustellen, dass Schüler*innen einen Zugang zu geeigneter Beratung, die sie bei ihrer Bildungs- und Berufswahl unterstützt, haben.

Nach Angaben des Bildungsministeriums werden „Schulen daher aufgefordert, ein umfassendes Beratungskonzept [guidance plan] als Teil ihres gesamten Schulentwicklungsplans zu entwickeln“ (Department of Education, 2005, S. 4). Dieser guidance plan ist in Absprache mit den Guidance Counsellors zu entwickeln. Bei Bedarf können die Schulen Unterstützung „vom National Centre for Guidance in Education, dem National Educational Psychological Service [NEPS], dem Department of Education and Science [DES] und anderen relevanten Stellen“ einholen (Department of Education, 2005, S. 4). Der Beratungsplan umfasst drei miteinander vernetzte Bereiche: die persönliche und soziale Entwicklung der Schüler*innen, die Bildungs- und die Berufsberatung. Zu diesem Zweck muss der Plan eine Reihe von Aktivitäten enthalten, die den Schüler*innen helfen, Selbstmanagementfähigkeiten zu entwickeln und wirksame Entscheidungen für ihr Leben zu treffen (Guidelines for Second Level Schools, 2005).

Als Reaktion auf die zunehmende kulturelle Vielfalt ist die Öffnung nationaler Gemeindeschulen (CNS) in städtischen Gebieten Irlands durch die Education and Training Boards (ETBs) eine vielversprechende Initiative. An dreiundzwanzig Schulen werden Schüler*innen in einem Umfeld von Vielfalt und Migration gleiche Lernmöglichkeiten geboten. Dabei lernen alle Schüler*innen die Religionen und Überzeugungen anderer zu schätzen und sich auf einen interreligiösen Dialog einzulassen.